Warum dein nächstes Objektiv eine 50mm Festbrennweite sein sollte

Dieser Post ist eigentlich für Leute gedacht, die mit ihrem Hobby eher am Anfang stehen. Wenn ihr als langjährige Fotografen aber noch kein 50mm Objektiv besitzt, dann Schande über euer Haupt und lest warum ihr eins braucht ;).

Oft stellt man sich als Anfänger die Frage: „Welches Objektiv hole ich mir nach dem Kit-Objektiv“? Man denkt sich vielleicht, dass man etwas mehr Reichweite (Zoom) braucht, um das 18-55mm Objektiv zu ergänzen. Ein 55-200mm oder ein 28-300mm scheinen dann eine gute Wahl zu sein und  es ist verlockend, weil man sich nicht so viel bewegen muss und Motive fotografieren kann, die weit weg sind. Allerdings braucht man sehr selten 200mm oder 300mm, wenn man nicht gerade wilde Tiere oder Sportler als Hauptmotiv vor der Linse hat. Meine Empfehlung, wenn ihr nach einem weiteren Objektiv neben dem Kit sucht, ist eine 50mm Festbrennweite – hier sind die Gründe wieso:

1. Es ist günstig

Es ist ganz egal ob ihr Canon, Nikon, Sony oder Pentax nutzt, alle Marken haben günstige 50mm Objektive im Angebot:

Canon 50mm 1.8 auf Amazon.de
Canon 50mm 1.8 auf Amazon.de

* Anmerkung zum Nikon 50mm 1.8D: Der Autofokus funktioniert bei den Einsteigermodellen nicht. Das heißt wenn man eine d40 (x), d60, d3000, d3100, d3200, d3300, d5000, d5100, d5200 oder d5300 hat, sollte man zur teureren 50mm 1.8G Variante greifen.

Im Vergleich zu einem Zoombjektiv mit ähnlicher Abbildungsleistung ist das fast geschenkt. Das bringt uns auch zu dem nächsten Punkt.

2. Es hat super Abbildungsqualitäten

Vom Preis-Leistungs-Verhältnis her sind die 50mm Objektive die besten auf dem Markt. Sie sind unglaublich scharf, fokussieren schnell und liefern ein schönes Bokeh (unscharfer Hintergrund). Die Lichtstärke ist höher als bei allen Zooms. Das bedeutet ihr könnt die Blende weiter auf machen und es kommt mehr Licht rein. Das ist super wenn ihr bei wenig Licht fotografiert oder nur sehr wenig im Bild scharf haben wollt (geringe Schärfentiefe).

Blende f2. Hier sieht man recht schön wie unscharf der Hintergrund im Vergleich zum Vordergrund ist.
Blende f2. Hier sieht man recht schön wie unscharf der Hintergrund im Vergleich zum Vordergrund ist.

 

Die Zahl hinter der Brennweite an Objektiven bedeutet die größtmögliche Blendenöffnung. Wahrscheinlich hat euer Kit-Objektiv eine Angabe wie 3.5-5.6. Das heißt die größte Blende bei 18mm ist 3.5 und bei 55mm 5.6. Da eine Festbrennweite nur eine… nuja… feste Brennweite hat, genügt eine Zahl, hier 1.8. Die Zahl ist viel kleiner als 3.5 oder 5.6 und das bedeutet, dass die Blende weiter auf geht, also mehr Licht auf den Sensor der Kamera kommt. Das ist anfangs etwas verwirrend: Je kleiner die Zahl, desto lichtstärker. 1.8 heisst jetzt im Vergleich zu 5.6, dass etwas mehr als 8 mal so viel Licht reinkommt. Die Belichtungszeit kann viel kürzer gewählt werden, die ISO kann niedriger bleiben und der Hintergrund kann viel mehr Unschärfe bekommen – das ist der Portrait Look den viele haben wollen.

Dieses Bild wurde mit Blende f1.4 gemacht weil es sehr dunkel war. Mit dem Kitobjektiv hätte ich hier nichts scharf bekommen weil die Belichtungszeit zu lange gewesen wäre.
Dieses Bild wurde mit Blende f1.4 und 1/100s bei ISO1250 gemacht weil es sehr dunkel war. Mit dem Kitobjektiv hätte ich hier nichts scharf bekommen – Die Belichtungszeit wäre zu lange gewesen.

3. Ein 50mm Objektiv ist klein

Die 50mm Linsen sind durch die Bank sehr kompakt und das weiß man zu schätzen, wenn man die Kamera oft mit sich rumträgt. Die kleine Festbrennweite wiegt nur ungefähr 130g und lichtstarke Zooms haben gerne ein Gewicht zwischen 800 und 900g. Das ist ein Unterschied den man merkt- den Unterschied im Preis merkt man auch ;).
Von den Abmessungen her sind die 50mm 1.8 Festbrennweiten oft die kleinsten im System. Mit so einem kleinen Objektiv ist es nicht ganz so bedrohlich, wenn man auf Leute zielt und man sticht nicht gleich aus der Masse, wenn man die Kamera zum Auge führt. Deswegen ist das 50mm Objektiv auch gerade bei Streetfotografen sehr beliebt. In manchen Kreisen ist es wegen seiner Kompaktheit und Leistung auch als Nifty Fifty bekannt.

50mm 1.8 an der Nikon D600. Die Kamera ist nicht sehr groß, das Objektiv ist wirklich kompakt.
50mm 1.8 an der Nikon D600. Die Kamera ist nicht sehr groß, das Objektiv ist wirklich kompakt.

4. Es macht dich zu einem besseren Fotografen

Wenn man nicht bequem von einer Stelle aus hin- und herzoomen kann, ist man gezwungen, sich über den Bildaufbau mehr Gedanken zu machen. Man muss den Ausschnitt bewusst durch Ändern der Position wählen und das Suchen nach der richtigen Perspektive führt zu einem neuen Blick. Als ich angefangen habe Festbrennweiten zu benutzen, hatte ich das Gefühl, dass die Kamera endlich eine Verlängerung meines Auges ist. 50mm Objektive kommen dem natürlichen Sichtfeld sehr nah*.
Man muss nicht so lange überlegen, wie das Motiv durch den Sucher aussieht, weil man den Bildausschnitt einfach kennt. Natürlich gibt es unterschiedliche Typen, aber für mich fühlt es sich einfach richtig an. Ich habe sehr viel bewusster fotografiert und dadurch einiges gelernt. Anstatt die ganze Zeit herumzuzoomen, lernt man mit dem Ausschnitt zu arbeiten, den man hat, und kann sich voll und ganz auf den Bildaufbau und auf das Timing konzentrieren. Man verpasst vielleicht den richtigen Moment, wenn man gerade an seinem Objektiv dreht ;).
Die 50mm FB ist immer noch das Objektiv, das ich am meisten auf meiner Kamera habe und lange Zeit hatte ich sie auch als einziges Objektiv!

Mit einem Riesenzoom hätte ich bestimmt mehr Aufmerksamkeit auf mich gezogen.
Mit einem Riesenzoom hätte ich bestimmt mehr Aufmerksamkeit auf mich gezogen.

 

*Anmerkung zum natürlichen Sichtfeld: Wenn man eine Kamera mit APS-C (Crop) Sensor hat, dann sind 50mm schon im leichten Telebereich, aber nicht weniger praktisch. An Crop Sensoren bevorzugen deswegen Manche ein 35mm Objektiv. Diese sind in der Regel etwas teurer, aber Nikon hat das Nikon AF-S DX Nikkor 35mm 1:1,8G Objektiv für ca. 170€, Pentax das Pentax DA AL 35mm 1:2,4 für ca. 150€ und Sony hat für den A-Mount das Sony SAL-35F18 Objektiv 1,8 / 35mm für 190€. Bei Canon fehlt leider eine günstige 35mm Festbrennweite – es gibt da nur das Canon EF 35mm Objektiv 1:2 IS USM für 470€ auf Amazon.
An einem Crop Sensor entsprechen die Objektive dann ungefähr 50mm an Vollformat. Um das zu berechnen multipliziert man die Brennweite an einem Crop Sensor mit 1,5 (Nikon) oder 1,6 (Canon).

5. Es ist vielseitig

Ist man mit nur einer Brennweite nicht zu sehr eingeschränkt? Das scheint erst mal so, aber wie oben schon angesprochen, führt es dazu, dass man sich mehr mit dem Fotografieren beschäftigt. 50mm sind ideal für Portraits, weil es Gesichter nicht verzerrt (Fotos von Gesichtern sehen bei 18mm ganz schön unvorteilhaft aus). Weil es so unauffällig ist, ist es super für Reportagen und Streetfotografie. Durch die Lichtstärke kann man abends auch ohne Blitz gut fotografieren. Dank des schnellen Autofokus lassen sich außerdem von Tieren und Kindern gute Bilder machen.

Die ISO war mit 2500 recht und ohne die Blende weit aufzumachen wäre alles unscharf geworden.
Die ISO war mit 2500 recht hoch und ohne die Blende weit aufzumachen wäre das Bild unscharf geworden.

In Innenräumen sind 50mm am Crop-Sensor manchmal zu lang und Sport lässt sich auch nur schwer damit fotografieren, wenn man nicht nah ran kommt. Aber die ganzen Vorteile (Größe, Gewicht, Bildqualität) machen es für viele Einsätze ideal.

Wenn ihr also auf der Suche nach einer neuen Linse neben (oder nach) dem Kit-Objektiv seid, dann kann ich Euch wärmstens eine 50mm Festbrennweite empfehlen. Alle Hersteller bieten sehr günstige Modelle mit Blende 1.8 an und so gibt es keinen Grund, es nicht mal auszuprobieren. Ich hoffe der Artikel hat dabei geholfen zu klären warum 50mm Objektive so toll sind.

Hier sind noch einmal die Produktlinks:

Viel Spaß beim Fotografieren und gutes Licht!

gzmje

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